Nun ist er doch noch gekommen, der häßliche Novemberabend. Wie eine Glocke liegt die
brennholzgeschwängerte Luft über unserem Dorf. Kalter Wind und Nieselregen haben die Straßen von Menschen leergefegt. Nur wer muß, ist draußen, und ich. Ich muß nicht, ich will.
Es ist im Moment zum Lotteriespiel geworden, die richtige Bekleidung zu finden. Mal ist man zu dünn bekleidet, mal schwitzt mal erbärmlich vor sich hin. Heute jedoch stimmt die Mischung. Da ich in einem bucklichen Dorf wohne, habe ich schon nach wenigen Metern die Betriebstemperatur erreicht. Der Kuchen des Mittags drückt beim ersten Anstieg meine gute Laune. Doch in der Dunkelheit der Nacht fallen meine Luftschnapper niemanden auf.
Man sollte es kaum glauben. Selbst in einem kleinen Ort kann man über 8 Kilometer laufen ohne einmal die gleiche Strecke zu benutzen. Das Licht meiner Strirnlampe führt mich in die hintersten und dunkelsten Winkel meines Dorfes. Von früheren Läufen kenne ich noch alle Bewegungsmelder und teste sie nach und nach auf ihre Tauglichkeit aus. So bringe ich auch manchen "faulen Sack" aus Neugierde noch auf die Straße.
Völlig unerwartet werde ich am Ortausgang von einem sehr unfreundichem Vierbeiner aus meinen vorweihnachtlichen Träumem gerissen. Obwohl ich mitten an einem Anstieg bin werden meine Beine fit und schnell. Ein paar Häuser weiter erspähe ich den Abspann der "Lindenstraße" durch das Fenster eines hellerleuchtendes Wohnzimmers. Die Vorfreude, dass auch auf mich zuhause ein mollig warmes Plätzchen wartet, treibt mich nun endgültig den Berg hinunter. Da meine Uhr aber noch keine acht Kilometer anzeigt, entscheide ich auf den letzten Metern schnell noch einmal um. Ein kleiner Berg muss noch herhalten um mein Soll zu erfüllen. Nach 8.5 Kilometern stehe ich endlich wieder vor der Haustüre. Der ruhige Teil des Abends kann beginnen.