Sonntag, 8. November 2015

Oh weh


                                         
Oft schlich mir in der Vergangenheit ein zustimmendes Lächeln über die Lippen wenn ich so, rein zufällig, Gespräche an Stammtischen oder auch unter meinen Lauffreunden belauschte.
Denn meistens wurde dort ziemlich viel Lob über die „alten Säcke“, wie auch ich einer bin,  verteilt.
Zuverlässig, hart und vor allem schmerzfrei sollen die Attribute der „Best Ager Generation“ einmal gewesen sein.
Und nun? Heute sitzt einer dieser angeblichen, unverwüstlichen Supermännern leise und geknickt über diesen Zeilen. Die Berge vor Augen, die Knie im Eimer. 

Wie sagte schon eine uralte Weisheit „der Krug geht nur so lange zum Brunnen bis er bricht“.

Seit vielen Jahren leide ich unter Knieschmerzen. Was im zarten Alter der Bundeswehr eine Wehrbefreiung bescherte, wird im Alter zum sportlichen Alptraum oder wie ein Arzt sage, zum läuferischen Todesurteil.
Bisher hatten wir uns immer  prächtig arrangiert. Mein Körper und mein Geist.
War ich mal wieder zu wild unterwegs bestrafte man mich mit ein paar Ruhetagen. Ich nahm das Urteil widerspruchslos an, und legte ein paar Tage die Füße hoch.

Aber mein Körper schien zu spüren, dass ich ihn nicht so ganz ernst nahm. Heimlich schluckte ich Tabletten, ließ mich spritzen und auch keine Physiotherapeutin in der Stadt war mehr vor mir sicher.

Die ersten Warnstreiks meines Körpers trafen mich nicht ganz unerwartet aber ziemlich schmerzhaft.  Zornig ignorierte ich sie vollständig. „Einer wie ich“ lässt sich doch so leicht nicht einschüchtern. Aber das Knie hatte sich zwischenzeitig Verbündete  gesucht. Gemeinsam mit Waden, Muskeln und einigen Bändern wollte man mich sprichwörtlich in die Knie zwingen.

Ein kleines Marathon - Sommermärchen in den Bergen des Pfälzerwaldes war der letzte Kompromiss auf den wir uns einigen konnten. Dann war Schluss. Ohne weitere Warnung wurde ich läuferisch aus dem Verkehr gezogen.

Nun sieht es so aus, dass „zwei grausame Blätter Papier“ aus der Radiologie die letzte einrahmbare Urkunde meiner viel zu kurzen Laufkarriere sein könnten.
Morgen schaut sich ein sportmedizinischer Professor aus der Nähe von Mainz noch einmal das „Korpus Delikti“ gründlich an.

Vielleicht kann es aus Wasser Wein machen und ich darf bald wieder übers Wasser laufen.
Positives Denken kann so schön sein. 

Hans Pertsch, 8.November 2015