Ich trainiere mit einer Knieprothese
Thorsten B. aus
der Pfalz lässt kein gutes Haar an der Reha Klinik in Blieskastel in den sozialen Netztwerken. Tief im Wald
und lange weiße Gänge wie im Knast sind nur zwei seiner vielen Minuspunkte die
er ausgemacht haben will. Und selbst weitere negativen Erzählungen von
Bekannten über alle möglichen Macken des Hauses bringen mich nicht davon ab,
hier meine Reha anzutreten. Ein letztes Mal durchzuckt es noch einmal meinen
Kopf als ich höre dass alteingesessene Bürger des Ortes den Wald rund um die
Klinik meiden sollen, um den Verrückten von oben, aus dem Wege zu gehen.
So ist es mir
hoffentlich zu verzeihen, dass ich mit etwas Herzklopfen die Serpentinen hoch
zum Blieskastler Spitzenberg fuhr. Morgens Kaffee, mittags Wasser und abends
Tee. Na ja, Ich werde die 504 Stunden schon irgendwie hinter mich bringen.
Solange zumindest habe ich mal vorsichtshalber mit einem WLAN Anschluss, das
Tor nach Draußen offengelassen.
Das aber alles
ganz anders kommen kann, liegt nicht nur an meiner positiven Weltanschauung,
sondern auch daran das man nicht jedem Nörgler oder unzufriedenen Kautz Glauben
schenken sollte. Stutzig gemacht hatte mich schon der Empfang. Sollten hinter
diesen freundlichen Menschen wirklich teuflische Mächte stecken so wie man sie
mir quasi angedroht hatte? Und glaubt mir Freunde, meine Zeit ist hier
inzwischen abgelaufen und ich habe trotz intensiver Suche die ganzen negativen
Punkte nicht gefunden.
Aber was ich
gefunden habe, möchte ich Euch nicht vorenthalten. Fast in jedem weißen Gang
hängen bunte Bilder und auf meinen vielen Spaziergängen sind mir fast
ausnahmslos Einheimische begegnet. Innerhalb des Hauses sind mir zwar auch ein
paar Verrückte in die Quere gekommen aber keinesfalls mehr wie draußen in der
realen Welt. Eine Küche mit 5 ***** Niveau blieb mir zwar verborgen, aber ich
durfte ein Essen genießen, das ich von Auswahl und Geschmack von einer
Großküche niemals erwartet hätte. Als bekennender „Schnäcker“ kann ich nur ein
sehr großes Lob aussprechen. Mir hat es sehr gut geschmeckt.
Das Wetter war
nicht jeden Tag das Beste, was außer mir den meisten Nörglern wohl gar nicht so
groß aufgefallen ist. Sehr oft war ich fast alleine im Wald unterwegs, was
vielleicht daran liegen könnte, dass nirgendwo unterwegs ein Kiosk zum Urpils
einlädt.
Die Zimmer sind
weniger wohnlich dafür aber praktisch eingerichtet. Zum Ruhen und Schlafen
ausreichend. Nur Langschläfer haben hier Probleme. Ein morgendliches
Ausschlafen steht nicht auf dem Plan.
Dass es bei den
Anwendungen und Therapien völlig unterschiedliche Meinungen gibt ist
wahrscheinlich völlig normal. Je nach körperlichem Zustand kann es schon mal
ganz schön anstrengend sein. Aber das Ziel ist nun mal der Besserung oder
Heilung. Die meisten Stimmen sind jedoch positiv. Das Konzept ist ausgewogen und durchdacht. Bei hunderten von Patienten täglich sind ein paar
menschliche oder Computerfehler verzeihbar. Ich gehöre jedenfalls zur Fraktion
der Zufriedenen und bin überzeugt ohne die Hilfe des gesamten Therapeutenteams
heute noch nicht so fit zu sein wie ich mich derzeit fühle.
Ein Arzt im
Krankenhaus hatte mir nach der Operation versprochen, dass die Reha mit einem
Urlaub vergleichbar wäre. Ganz hat es nicht gestimmt. Aber ich bin hier in der
Reha Klinik Blieskastel so freundlich umsorgt worden, dass sich viele Hotels
Mühe geben müssten, diese Qualität zu erreichen Ein bisschen Abschiedsschmerz begleitet mich deshalb schon wenn
ich mich von meinen Krücken und den netten Menschen vom Spitzenberg
verabschiedete. Auf Wiedersehen werde ich trotzdem nicht sagen, ein tschüss und
Dankeschön muss reichen.
Das gleiche gilt
für "meine liwwe Saarländer". Pfälzer und Saarländer können sich auf
den ersten Blick ja nicht richtig leiden. Der zweite Blick sieht da schon ganz
anders aus. Man braucht sich zwar zum "annenanner reiwe", aber im
Herzen "man, mahn sich".
Hans Pertsch