Jeder Marathon hat seine eigenen Reize. Der eine mehr der
andere weniger. Der Marathon am Gardasee gehört nach meiner Meinung klar zu der
besseren Kategorie.
Das laufen durch die vielen Straßentunnels und der einmalige
Blick auf den Gardasee sowie das traumhafte Klima lassen die Herzen aller höher
schlagen, die mehr als nur Bestzeiten
laufen wollen. Allein der Wind, der gelegentlich sehr kräftig entlang des
Gardasee blasen kann, macht Zeiten sehr unberechenbar.
Mein Plan war klar
abgesteckt. Ich wollte nur gut laufen,
wenn möglich in einer Zeit die endlich wieder unter 5 Stunden liegen
sollte. Für die meisten Läufern wohl kaum verständlich, aber ich hatte mich wieder einmal für einen Lauf ohne Uhr
entschieden. Meine Kondition war gut, warum sollte ich mich dann unter
Zeitdruck setzen.
Zum Start um 9.30 Uhr stürmte es aus allen Rohren. Der Wind nahm zwar später einen Gang zurück,
doch in den meisten Tunnels herrschte starker Gegenwind. Und wer hoffte, auf
dem Rückweg auf der anderen Seeseite Rückenwind zu bekommen, der irrte
gewaltig. Hier sind die Tunnels seitlich offen und der Wind keinesfalls
läuferfreundlich.
Das einzig Enttäuschende war die Zuschauerbegeisterung.
Außerhalb der Städte Torbole und Malcesine gab es nur wenige Anfeuerungen für
die Marathonis. Daher waren die etwas langweiligeren Kilometer die vom See weg
in die „Weinberge“ von Arco führen, für mich der schwerste Teil der Strecke.
Zu meiner eigenen Überraschung lag mein stärkster Abschnitt
heute am leichten Anstieg zwischen Kilometer 31 und 36. Viel Läufer die mich
irgendwo unterwegs abgehängt hatten,
ließ ich, wie einst Haile, locker hinter mir.
Dann kam Kilometer 38. Exakt an diesem Schild knalle es in
meiner linken Wade. Ich war so
erschrocken, dass ich spontan stehen blieb. „Irgendwas ist
gerissen“, waren meine ersten Gedanken.
Nur unter starken Schmerzen war ein bisschen gehen noch möglich. Aber 4
Kilometer vor dem Ziel wollte ich nicht aufgeben. Während mich nach und nach
viele der eben Überholten wieder einsammelten, „schläppelte“ ich dem Ziel
entgegen. Die Zeit von 5 Stunden und 7 Minuten registrierte ich trotzdem mit
großer Genugtuung. Eigentlich sollte dieser Lauf mit einer passablen Zeit ein neuer Anfang sein.
Da ich mich noch einigermaßen fortbewegen kann, werde ich
erst in Deutschland zum Arzt gehen. Ich möchte gerne verstehen was mir der
Doktor oder das Krankenhaus erzählt.
Und wenn schon eine italienische Krankenschwester, dann
bitte zuhause, notfalls im kalten Pirmasens.
Warten wir mal Diagnose und Heilung ab. Aber den Wunsch
meiner Frau, „15 Marathons reichen für Dein Alter,“ werde ich wohl kaum
erfüllen können. Ich wünsche mir jedenfalls einen gelungeneren Abschluss.
Heute, ein Tag später sind die Schmerzen etwas erträglicher, und das laufen ist eine Spur eleganter.
Morgen geht es leider schon wieder nach Hause. Vollgepackt mit italienischer Lebenart. Das Leben ist einfach zu schön um Trübsal zu blasen. Wie lange diese Einstellung anhält, wird aber erst die Zukunft zeigen.